Dienstag, 9. Oktober 2012

The Circle of Hate

Mir ist die Emotion des Hasses nicht fremd. Wenn ich auch nur sehr selten eine so starke Antipathie empfinde, dass ich sie als Hass einordne, passiert es manchmal. Als Beispiel sei ein stark überfüllter Bahnsteig und zwei ausgefallene SS-Bahnen (Begriffserläuterung: siehe hier) hintereinander angeführt. Ich empfinde Hass weil ich mich ungerecht behandelt fühle. Ohne eignes Verschulden komme ich zu spät zu meiner Verabredung, was mir vor meinem Gegenüber unangenehm ist, ich muss länger warten und vergeude Zeit, ich muss mich in einen völlig überfüllten Zug quetschen und werde garantiert wieder in die schweissnasse Achsel meines Nebenmannes gedrückt und die früher von der ganzen Welt bestaunte S-Bahn ist nur noch ein Schatten seiner selbst - die SS-Bahn halt. 
Was mir jedoch sehr schwer fällt nachzuvollziehen ist Hass der keine Ursache hat, blinder Hass ohne eine Ungerechtigkeit erfahren zu haben, ohne das eine Ursache erkennbar ist. In den Medien wird ja aktuell immer wieder über eine Internetseite Namens "www.kreuz.net" und deren Artikel über den verstorbenen Schauspieler Dirk Bach berichtet. Die Macher von kreuz.net bezeichnen Bach als "Kotstecher" und sind der Meinung er "schmort jetzt in der Homo-Hölle" was ihm ganz recht täte. Ich frage mich, wie so ein starker Hass entsteht, dass man jemanden nach seinem Tod auf diese Weise öffentlich beleidigt. Als erstes schoss mir in den Sinn, dass die doch nur mediale Aufmerksamkeit erhaschen wollen. Nach einer kurzen Recherche musste ich jedoch feststellen, dass dies kein Ausnahmetext ist, sondern dass die Berichterstattung dort fortwährend so hassgeprägt ist. Es ist nicht anzunehmen, dass Dirk Bach irgendeinen der Autoren jemals getroffen hat und ihm eine Ungerechtigkeit angetan hat. Es ist einfach nur Hass ohne eine auszumachende Ursache. 
Ich habe neulich eine Dokumentation von Louis Theroux (BBC) über "Americas most hated family" (links: siehe unten), die dieses Thema aufnimmt gesehen. Es geht sogar um einen sehr ähnlichen Sachverhalt. Eine Familie beleidigt gefallene Soldaten und bezeichnet sie als "fags" und hält bei Beerdigungen Schilder mit "Thank God for 9/11" hoch. Nach anfänglichem völligen Unverständnis kam irgendwann die Erkenntnis, dass diese Familie durch ihren eignen Hass verständlicherweise gegengerichteten Hass erzeugt. Dieser gegen ihre Familie gerichteten Hass nutzen sie um einen sehr engen Zusammenhalt zu erzeugen. Ein David-gegen-Goliath-Gefühl entsteht und der innere Kreis wird durch "Bedrohung von Aussen"gestärkt. Dazu kommt noch die religiöse Komponente, sich ernsthaft einzureden, sie währen die Einzigen die die Wahrheit kennen. Dies ist verlockend, da man irgendwann in der Betrachtung über allen Anderen steht und vermeintlich sogar noch Gutes tut indem man andere "bekehrt". Der Mensch baut sich im Allgemeinen nicht von allein so ein Selbstbild auf, da es natürlich gegen jede Logik verstösst und man den großen Teil des selbstreflektierenden Ichs in den Tiefen des Unterbewusstseins wegsperren muss. Es wird gezeigt, dass durch beharrliche Indoktrination vom Kindesalter an, dies bei einer beachtlichen Anzahl Menschen möglich ist.
Was tut man nun mit solchen fundamentalistischen Kleingruppierungen? Ich denke ein erster Schritt wäre diesen Gruppen den benötigten Hass zu entziehen. Wenn der Druck von Aussen nachlässt wird das Innere instabil. Paradoxerweise wäre ignorieren eine mögliche und einfache Herangehensweise (ich veröffentliche diesen Text trotzdem). Doch der Menschliche Geist kann stark sein und genau wie sich die Großzahl der Menschen nicht von verlockenden Sekten verführen lässt wird es immer Personen geben, die sich nicht aus ihrem eignen Gedankengefängnis befreien können. Denen kann dann wohl nur noch Gott helfen.     

Louis Theroux - Americas most hated Family:

3 Kommentare:

  1. Um bei der Idee zu bleiben, werde ich meinen nicht ganz blinden Hass der SA-Bahn gegenüber fortan in blanke Ignoranz transformieren. Leider befürchte ich, dass sie deswegen auch nicht pünktlich kommt, den Notfahrplan endlich abstellt oder wieder mit sechs Waggons fährt. Aber vielleicht merkt dieses faschistoide Element des öffentlichen Nahverkehrs auf diese Weise endlich einmal, wie toll ihr kleiner Bruder, die gelbe U-Bahn, das so macht und wie sehr sie uns mit ihrem tagtäglichen Verhalten verletzt sowie enttäuscht. Ich glaube an das Gute im Menschen und im Berliner Fuhrpark. Auch blinder Hass kann wieder Sehen lernen.

    AntwortenLöschen
  2. Boa, meinen die Herren aus Kansas das ernst? Das ist ja unerträglich zu schauen! Wie verwirrt können Menschen eigentlich sein?

    AntwortenLöschen
  3. Ich kann mir das auch nicht zu Ende anschauen, da wird man ja matschig im Kopf...

    Trotzdem kann ich euer Unverständnis gegenüber nicht rationalem Hass ohne erkennbare Ursache nicht nachvollziehen, wie ich soeben in meiner Theory of Hate ausführlich dargelegt habe.

    AntwortenLöschen