War das noch real? Oder war das ein Fernsehfilm des Vorabendprogrammes, irgendwo gedreht zwischen Deutscher Küste und schwedischen Grafschaften? Ich vermag es kaum zu sagen. Auch wenn ich nicht hochzeitserfahren bin bisher, das letzte Wochenende auf einer Traumhochzeit zu verbringen, war es mehr als Wert, den Karneval der Kulturen zu verpassen.
Um es kürzer zu machen: Es war einfach alles perfekt organisiert. Ein Renaissance-Schloss, Schloss Ulrichshusen, an einem Mecklenburger See umgeben von einem weiläufigen Park mit Teichen, alte Gutsgebäude, wo die Gäste untergebracht waren, weite Felder, eine alte Feldsteinkirche - Bilderbuchromantik mit entsprechendem Wetter gewürzt. Allerlei wohlbetuchte Berliner waren angereist, viele junge Leute, doch gehörte ich eher zu den jüngsten, meine Eltern allerdings schon zu den ältesten.
Los ging es am Samstagabend mit einem lockeren Grillabend, der Alkoholkonsum war jedoch alles andere als locker zu bezeichnen. Meine Partycousine hat sich rührend um meine Leber gekümmert, während ich versuchte, mit Alster zu bremsen. Wir waren trotzdem sehr spät im Bett.
Die eigentliche Hochzeit am nächsten Tag gegen Mittag kann man diversen Inga-Lindström-Filmen entnehmen. Dass die Sängerin in der Kirche "Just the way you are" zu besten gab und nicht "I will always love you" war entweder ein Versehen oder den schlechten Erfahrungen des Brautvaters geschuldet: Er ist geschieden.
Nach dem Gottesdienst und dem Spalier für das Brautpaar war jenes kurz verschwunden, um dann schließlich, die Band am Seeufer spielte auf, die Gesellschaft applaudierte, nachdem sie sich mit Maibowle gestärkt hatte, unter Hurra auf einem Boot herbeigerudert zu kommen. Es folgte die Torte, endlose Fotos und lockeres Aufschärfen in lockerer Umgebung, sommerlich schick. Es hätte so noch ewig weitergehen können. Aber das Bankett wartete.
Mit einem Sektempfang wurde sichergegangen, dass auch wirklich niemand zwischen fünf und sieben zu stark ausgenüchtert war. Nun, alle in langen Kleidern und Gesellschaftsanzügen (Viele waren noch nie so schick in ihrem Leben gewesen), ging es zum Wildessen. Festliche Reden, peinliche Details aus dem früheren Leben der Eheleute und allerlei Gespräche prägten die Veranstaltung. Als zum Tanz aufgespielt wurde und die Cocktailtabletts rumgingen -allmählich war es dunkel geworden- war mir klar: Jetzt darf hemmungslos gesoffen werden. Und das taten wir. Mein Vetter grub eine 18jährige aus Niedersachsen an, die ich zunächst aufgerissen hatte (blond!), allerdings sah sie später im Altersunterschied ein zu großes Hemmnis. Zum Glück war da noch eine 25jährige Salzburgerin mit der ich ersatzweise flirten konnte, deren etwas jüngerer Bruder mit meiner Cousine vom Tisch kippte. Der Tisch soll zum Ende des Festes den Geist aufgegeben haben. Der jüngste im Bunde, mein 13jähriger Vetter, bekam von allen zur Feier des Tages viel Cube Libre zugeschanzt. Als ich draußen mit ihm ein ernstes Gespräch über Frauen führte, bemerkte ich, dass er mittlerweile torkelte. Von da an habe ich ihm vernünftigerweise alle Drinks aus der Hand genommen und ausgetrunken. Es wurde getanzt und getrunken und dann wieder getanzt. Einen Berliner Ex-Bürgermeister, der ebenfalls zur Hochzeitsgesellschaft gehörte, habe ich auf der Tanzfläche angelallt, dass er mal dafür sorgen solle, dass der DJ endlich Modern Talking spielt. Denn ansonsten sind die meisten meiner Wünsche erhört worden, von den Pointer Sisters bis hin zu den ganz peinlichen, die ich hier nicht nennen möchte.
Der Kater war derart entsprechend schwerwiegend, das Brautpaar hatte gar nicht geschlafen, die Honeymoon-Suite hatte die Mutter der Braut bekommen. Das Frühstück in der Sonne beim alten Pferdestall wäre ohne den sozialen Druck weiterer anwesender Hochzeitsgäste sicherlich wieder hochgekommen. Dann schaute ich an den Nachbartisch: Da saßen einige Freunde des Bräutigams. Mitte 30, Sonnenbrillen, Poloshirts, der Reiter wie tattowiert auf der Brust, garantiert waren die braunen Lederschuhe von Timberland. Die Bedienung kam und stellte fünf große Seidel mit Pils am Tisch ab: Und in diesem habe ich uns bereits gesehen, wenn wir mal soweit sind. Ja, ich freue mich schon auf das erste gemeinsame Konterbier nach einem rauschenden Hochzeitsfest. Werte Mitblogger und Leser strengt euch an!
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