Dienstag, 25. September 2012

Die Hatebox


Ich habe kürzlich die Erfahrung gemacht, dass es neben in Jemen ansässigen Moslems eine weitere Personengruppe gibt, die ebenfalls extrem zuverlässig auf Provokationen reagiert. Es handelt sich hierbei um das Publikum in der Olé Olé Bar. An einem der letzten Wochenenden hatte ich nämlich das Vergnügen, einen Platz vor der Jukebox in dem genannten Etablissement zu erhaschen. Ein gewisser Herr Wolf W., bei den Koautoren bereits im Sommer dieses Jahres in Berlin, vorstellig geworden, war ebenfalls anwesend. Abgesehen von uns selbst bestand die Meute hauptsächlich aus harten Kerlen. Und harte Kerle hören bekanntlich harte Musik. Dennoch war die Auswahl der Box eher stildurchwachsen und kontrastreich. Sogar einige regionale Musikgrößen wie "Gotthard" oder "Züri-West" hatten mit ihrer Scheibe einen ehrenvollen Platz in dem Kasten gefunden. DJ Bobo hat es allerdings mal wieder nicht geschafft. Da es keine Ladies gab, die spezielle Beobachtung bedurft hätten, galt unsere Aufmerksamkeit bald voll und ganz der Box, die keinesfalls übertrieben, den Namen „Fascination“ trug.
Der recht massive Block stand direkt neben dem Eingang in einer Ecke. Sobald man auf den bereitgestellten Hockern Platz gefunden hatte, war die größte Hürde bereits genommen. „Faschi“ spielte nun standardmäßig eine Playlist, von der man vermuten darf, dass sie eine der Bar zugehörige Person aufgesetzt hat. Gegen Entrichtung eines Entgeltes war es möglich eine eigene Musikabfolge einzustellen, die dann in die Standard-Playlist integriert wurde. Es musste leider bemängelt werden, dass man dadurch nur auf etwa jedes fünfte Lied Einfluss nehmen konnte. Vermutlich eine gewollte Maßnahme, um den sich wiederholenden Missbrauchsfällen entgegenzutreteten. Lobenswert hingegen war der Umstand, dass die Box, die an sich eine eher verhaltene Klangperformance aufwies, an zusätzliche Lautsprecher angeschlossen war, so dass selbst den Leuten im Sanitärbereich, eine stilvolle musikalische Begleitung geboten werden konnte. Die Standard Playlist sah ungefähr so aus:

Metallica: Seek and destroy
Midnight oil: Beds are burning
Alice cooper: Poison
Van halen: Jump
AC/DC - Hells bells

Um meinen selbstkritischen Blick auf die eigene Plalylist widerzuspiegeln, ist die Stimmungstauglichkeit der einzelnene Titel entsprechend der Mickie Krause Prozentskala quantifiziert. (Nicht zu verwechseln mit der Harald Juhnke Promilleskala)

- Amy Winehouse: Love is a losing game  (0 Mickie Krause Prozent Punkte, Einstellung erfolgte durch fehlerhafte Gerätebedienung)
- Abba: Dancing Queen (40 MKPP)
- Bob Marley: Buffalo Soldier (20 MKPP)
- Rymann Ruedi (Seine grössten Jodel-Erfolge): Der Michel Sepp  (100 MKPP)
- Village People: YMCA (80 MKPP)

Es ist erstaunlich wie schnell Menschen auf Musik aufmerksam werden, wenn sie außerhalb des von ihnen tolerierten Spektrums liegt. Das bislang schlummerndene Gewaltpotential der Barinsassen wurde ersichtlich, als unsere persönliche Playlist bereits eingestellt und bezahlt war. Gleich nach "Love is a losing game" brach die erste Kritikwelle über uns ein, was bedeutet dass sich hinter uns eine gut gebaute, aber nichts Gutes verheißende, Reihe Mannsbilder gebildet hatte. Diese bat uns recht eindringlich, dieses Lied nicht nochmal zu spielen. Zugegeben, die Kritik war berechtigt. "Love is a losing game" ist ein echter Stimmungstöter und wenn überhaupt dann als Rausschmeisser zu gebrauchen. Interessanterweise wusste niemand, dass wir keine volle Kontrolle über die Maschine erlangen konnten, und deshalb ernteten wir auch einige lobende Blicke, "I likes", und Schulterklopfer, immer wenn „Faschi“ nicht gerade unsere parasitäre Liedfolge abarbeitete. Zwei Cougars, prosteten uns befriedigt zu, als Rammsteins „Feuer frei“ erschallte. Später, nachdem einige mit dem Apparat vertraute, Stammgäste trotzdem bemerkten, dass wir ausschließlich versuchten, den allseits akzeptierten Musikgeschmack zu untergraben, wurden wir abrupt nicht länger geduldet. Man drängte sich zwischen uns und die Maschine und verweigerte uns so deren weitere Bedienung.

Auch wenn sich eine gewisse destruktive Motivation nicht ganz leugnen lässt, denke ich dass ein Großteil der von uns eingespielten Lieder in einem musikalisch aufgeschlossenen Kreis Gefallen hätte finden können. Und was für Sämtliches, die Sinne reizende zutrifft, gilt natürlich auch für Musik. Denn abgesehen von einigen Ausnahmen, die sich partout nicht tragbar saufen lassen, hilft ein gesunder Pegel meistens, anfänglich exotisch wirkendes Material, attraktiv erscheinen zu lassen. Doch anstatt nun konsequenterweise einfach etwas öfter zum Glas zu greifen, entscheiden sich manche Personen eben doch lieber dazu, schlechte Laune zu schieben. Selbst dann, wenn ihnen alkoholische Konsumgüter nicht kategorisch verwehrt sind. Von diesem schockierenden Erlebnis musste ich erst einmal runterkommen. Zu Hause nahm ich sofort einen Stift und ein Blatt und zeichnete viele kleine vollbärtige Männchen mit Turban, die mit ihren Kamelen Schindluder trieben.

2 Kommentare:

  1. Ich hoffe, dass das Erlebte jAm nun nicht dazu verleitet, an seinen Mitmenschen zu verzweifeln und ihn zu einem Rückzug ins musikalische Schneckenhaus motiviert. Ich kann auch nicht ganz sehen, was an "Love is a Losing Game" so schlimm sein soll. Nachdem ich mir gestern den "Love actually" Soundtrack zum wiederholten Male reingezogen habe, muss ich gestehen, dass ein wenig Romantik niemandem schadet, auch nicht unseren Schweizer Hardboys aus dem Olé Olé. Bin mir sicher, dass die Kuschelrock 8 bei den meisten ohnehin immer abspielbereit im Küchen-CD-Gerät eingelegt ist. Wenn dann endlich Track Fünf gekommen ist und Lionel Richie ein leises "Hello, is it me you're looking for?" durch die 30-Euro-Migros-Microanlage haucht, dann läuft auch mal dem Pumperjoe mit dem Popogeweih ein Tränchen die Wange runter als er schluchzend antworten möchte: "Yes, Mr. Richie, it's you!"
    Zu den vom Autor zur Vergangenheitsbewältigung erstellten Karikaturen kann ich nur sagen, dass wir hier im Blog die Meinungsfreiheit ausgesprochen schätzen, die freilich auch Idiotie erlaubt, wie es ein Deutscher Politiker vor kurzem sehr treffend formulierte. Allerdings ist uns allen diese Plattform zugleich lieb und teuer. Um unsere muslimischen Leser nicht zu verunsichern, schlage ich deshalb vor, von einer Veröffentlichung in keinem Falle abzusehen.

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  2. Ein kleiner Vorschlag an dieser Stelle für eine alternative Playlist beim nächsten Besuch des Olé Olé liefert übrigens der großartige Schöpfer des Albums "Kingpintin'", Rymin' Simon, ein Berliner Künstler, hier vertreten mit der Tracklist seines Albums "Egoboost". Man beachte die Häufung des Begriffes "Hündin", stetst kleingeschrieben (wohinter möglicherweise eine generelle Einstellung gegenüber der Damenwelt stehen könnte):

    1. Introskit: rap is my bitch
    2. Introtrack: rap is my bitch
    3. Bitch one bitch two
    4. Huansoahn (Bitch Remix Von DJ Mezuian / Phat Frank)
    5. Always fucking bitches
    6. Skit: bitch
    7. Lasst uns chilln Schlampen
    8. Bitches Ton Töpfer
    9. Bitches aus Deutschland
    10. All ihr bitches
    11. Bitch
    12. Wie bitches
    13. J... du bitch
    14. Bitch betta have
    15. Komm sag es mir bitch
    16. Zwei dumme Hamburg bitches
    17. Wilder Mann wilde bitch

    Lediglich "Lasst uns chilln, Schlampen" macht hier anscheinend eine Ausnahme, wahrscheinlich geht es in diesem Meisterwerk verstärkt um politische Fragestellungen. Auf Anfrage lasse ich Interessenten gerne eine Hörprobe zukommen.

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