Dienstag, 30. Oktober 2012

Es geht auch anders

Wer Ben's Blog ein wenig verfolgt, mag mittlerweile leicht den Eindruck gewinnen, in einem Unterforum der Anonymen Alkoholiker gelandet zu sein. Da mögen jAms geistreiche, unterhaltsame, nicht selten wissenschaftlich angehauchte Beiträge das abhanden gekommene Niveau zeitweise wieder über die Wasseroberfläche heben, ein jeder ahnt, das das an dieser Stelle Verbreitete oftmals nur die Spitze des Eisberges an weingeistigen Verfehlungen darstellt. Ich selber gehöre da traditionell schon eher zu den klinisch-chronischen Fällen, meine neusten Wochenenderfahrungen sind in diesem Lichte als Lebensruinierung (nicht Lebensurinierung, das wäre der Schiffmeister) wider besseren Wissens aufzufassen. Doch wie konnte es soweit kommen? Selbst jAm, einstmals ein so harmloser Zeitgenosse, wehrt sich nicht mehr dagegen, kurz vor einer drohenden Alkoholvergiftung in Stuttgart nochmal einen Großeinkauf Whisky-Cola mitzutragen. Von Ben* will ich ja gar nicht erst reden, der schärft sowieso aus Prinzip auf, vielleicht, um den immer leicht unfreiwilligen Besuffski Pfiffy hinter dem antialkoholischen Ofen hervorzulocken. Am Ende sind sie doch immer alle angedüdelt.

Kein Alkohol ist auch keine Lösung? Fein, Alkohol ist auch deine Lösung? Ja!

Es muss sich was ändern, denke ich. Das denken sich übrigens so manche, Pfiffy, wenn er wieder sein unsägliches Handy an eine unschuldige Stereoanlage anschließt, Benni, wenn er den Willy endlich leer bekommen möchte und jAm, wenn er über den Musikwechsel einer Schweizer Jukebox im Óle Óle siniert - unschlüssig, ob er über die avisierte Schließung eigentlich weinen oder lachen soll. Nein, ehrlich, die ewigen Besäufnisse sind zwar aktuell stets die Höhepunkt meiner Woche, aber für mein (Uni-)Leben einfach zu destruktiv. Dummerweise habe ich mir mit der Zeit auch einen recht großen Bekanntenkreis angelacht, was dazu führt, dass regelmäßig zeitweise vernachlässigte Freunde ihren Vollsuff mit mir einfordern: Eine Tretmühle, die jedes Wochenende in eine Double Destruction führt - inklusive aller Nachwirkungen und körperlichen Verletzungen.

Manchmal glaube ich, das Abendland wäre selbst in der Postmoderne eine dauerdichte Gesellschaft, wenn Ethanol nicht einen ganz entschiedenen Nachteil hätte: Den Tag danach. Die Eingeschränktheit eines Katers, auch wenn sie jeder anders erlebt, lässt uns bisweilen einen Vorgeschmack dessen erleben, was uns einmal im Frühstadium von Demenz, Alter und Krankheit erwartet. Man denke nur an die gemeinsame Mitbewohnerin Pfiffys und meiner Person in Marburg, die verkatert das Abbild einer buckligen, alten Dame bot - auch wenn sie sonst die Männer zum Schmelzen brachte.

Nun ja, der Vollrausch führt zwar mit Sicherheit (fast) immer zum Spaß, dass es der Halbrausch oder der Leichtrausch auch vermag, hatte ich in letzter Zeit fast gänzlich aus den Augen verloren. Verabredungen in der Woche, jedes Mal am PoNR kratzend, vermied ich wie der Teufel das Weihwasser. Schweißperlen auf der Stirn bei Treffen mit einschlägigen Leuten, die dem Biere gewogen sind, beim Wissen darum, am nächsten Tag etwas Wichtiges vorzuhaben. Sobald Termine am Morgen anstehen, versuchte ich, diesen Umtrünken am Abend davor mit den fadenscheinigsten Ausreden aus dem Weg zu gehen. Als Ausnahme seien hier Frühschoppen und Weißwurstfrühstücke genannt. Aber die finden ja meistens auch nicht beim Kieferorthopäden in der Praxis statt.

Ein klassisches Schimmeln mit Pfiffy gestern heilte mich von der Annahme, Halbräusche müssten per se langweilig sein. Viel oraler Durchfall, schlechte Handyvideos, der unvermeidliche Anschluss des ZuBuPhones an die Stereoanlage brachten mir eines der schönsten Nachmittage seit langem. Und unfassbar: Am nächsten Tag fragte der Kieferorthopäde wie üblich nicht, ob ich mit der Fahne ihn betäuben wolle. Ich hatte nämlich keine.

"Ein klarer Kopf ist die beste Droge - Na, klar, das kann schon sein"

Der Leichtrausch (=ein paar Bierchen am Abend) ist also voll en vogue! Bedeutet nicht, dass sein großer Bruder uns künftig nicht mehr besucht. Siehe: Freitag, Samstag, Freitag in einer Woche, Samstag in einer Woche,....

2 Kommentare:

  1. Der Spruch geht doch: "Ein Klarer im Kopf ist die beste Droge" oder irre ich mich da etwa ?

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