Lange schon habe ich nicht mehr in der Sraßenbahn vor mir hin gelacht. Vor zwei Tagen war es mal wieder so weit. Ich war nicht angedüdelt, weder ist jemandem die Hose heruntergesaust noch einer Dame die Curry in den Ausschnitt gesprungen. Grund war ein Artikel im Feuilleton von Joachim Lottmann, der Autor des Werkes "Hundert Tage Alkohol", welches in keinem Deutschen Bücherregal fehlen sollte. Er hat mir gewissermaßen aus der Seele gesprochen, auch wenn sein Rekord mit den 100 Tagen fürs erste nicht erreichbar scheint. Wir bleiben aber dran. Vielleicht im Jahre 2015, dem 500. Jubiläum des Reinheitsgebotes. Einige Auszüge aus dem Artikel, der zum Großteil im "Anzengruber", einer Künstler-Kaschemme in Süddeutschlands Provinzhauptstadt, stattfindet, aber auch überall wo einige Bierchen im Spiele sind sein könnte:
"Man trinkt, weil man es dem Leben zeigen will. Man holt damit seinen Stolz hervor", meint Lottmann, Axelsior applaudiert. Doch auch der angehende Politiker (Ja, Politiker, Pfiffy!) ist nicht vor den Einfällen des Weingeistes gefeit: "Ein prominenter Grünenpolitiker pflegte ab einer bestimmten Trunkenheit die Gläser der Gäste umzudrehen und den Inhalt auf den Boden zu schütten. Das ist alles erlaubt.
Verrücktsein gehört dazu. Nur langweilig sein, wie gesagt, ist verboten."
Auch für den Unentschlossenen hat Lottmann auch einen Rat bereit, er meint, dass "Der Wirt bestimmt, was man trinkt, denn er kennt einen und weiß, was einem guttut." Wie war! Ich werde euch beim nächsten Umtrunk in Acikron daran erinnern. Das Schönste jedoch, was ich aus dem Artikel mitgenommen habe, war der Ratschlag, dass offensichtlich auch erwachsene Menschen ("Hach, wenn ich mal groß bin") gerne nochmal schön sich regelmäßig einen reinstellen sollten:
"Wie gesagt, langweilig darf man nicht sein. Und das heißt, "koanen Schmäh haben". Leute ohne Schmäh mag man hier nicht. Etwa Leute, die um 22 Uhr sagen, sie müssten jetzt los, sie hätten am nächsten Morgen viel zu tun. Wer trinkt, muss auch einmal alles vergessen können. Es darf da keinen Vorbehalt geben. Und keine Grenze, kein "Schluss jetzt" oder "bis hierher und nicht weiter". Die menschliche Annäherung beim gemeinsamen Trinken muss schnell bei der totalen Ehrlichkeit ankommen. Und die Hochstimmung soll so lange aufrechterhalten bleiben wie möglich. Da kommt es dann auch immer einmal wieder vor, dass Leute in Ihrer bacchantischen Lebensbegeisterung mit einem Fräulein, das sie erst vor einer Viertelstunde kennengelernt haben, aufs Klo zum Vögeln gehen. Einfach weil man nicht riskieren will, dass auf dem Weg bis zur Wohnung die Hochstimmung kippt."
Nichts mehr hinzuzufügen, oder?
(F.A.Z.S. vom 1.1.2012, Seite 19)