Montag, 13. Mai 2013

Schwedischer Bierfaschismus

Euch dürfte inzwischen gut bekannt sein, dass die Zugänglichkeit zu Bier hier eines der größten dauerhaften Ärgernisse für mich darstellt. Im folgenden habe ich mal -auch in Vorbereitung auf euer Kommen- eine Übersicht der Schande erstellt, der ich hier jedes Wochenende und auch so manchen Wochentag ausgesetzt bin. Zum Glück versorgen mich derzeit noch meine belgischen Freunde mit sehr gut trinkbaren hochprozentigen Gerstensaft, der für die schwedische Regierung mit Sicherheit in die Schublade "Terrorismus" gehören dürfte. Nun, wenn dem so ist, leben wir gerne im Untergrund. 

 
Nach langen Berechnungen bin ich schließlich zu dem Schluss gekommen, dass "Burgenfels", sogar gebraut nach dem Deutschen Reinheitsgebot durch eine dänische Brauerei, in der 2,8%-Variante den besten Deal darstellt, es gibt auch eine 3,5%-Variante. Schon von weitem wird dem anspruchsvollen Genießer schnell klar, dass "Burgenfels" keine gewöhnlich Niederpreisplörre ist, sondern Brauereirest allererster Güte. Das Design verheißt mit seinem goldenen Deckel nicht nur eine Reise durch die goldene Hopfenwelt sondern königlichen Biergenuss auf Öttangié-Niveau.
Produziert wird laut Büchse in der EU, Wikipedia nennt Dänemark, Estland und Deutschland als Braustandorte. Klingt mir ziemlich nach der bekannten Paderborner-Pils-Technik, Bierreste der Umgebung zu erwerben und zu verschneiden. Könnte es womöglich sein, dass Pfiffys und mein geliebtes Ötti oder gar Bennis Radeberger im schwedischen Burgenfels landet?

Samstag, 4. Mai 2013

Die zwei Tage des Jahres an denen Schweden nicht wie Schweden aussieht

Gefühlt lag ganz Schweden bis gestern mit 0,7 Promille im Bett und kurierte einen heftigen Kater aus. Meiner war ebenso gigantisch und konnte nicht einmal mit Essighering erträglich gemacht werden. Manchmal muss man da eben durch.

Natürlich ist es nie schön, das schöne Maifest und die traditionelle Randale in Berlin zu missen. Doch um nicht jedes Jahr eine so großartige Möglichkeit zu verpassen, alte Möbel abzufackeln, haben die Schweden ihre eigene Walpurgisnacht erfunden, die sich "Valborg" nennt und unter jungen Leuten kaum weniger destruktiv ist. An diesem Tag gibt es eine Reihe von merkwürdigen Traditionen in Uppsala, zum Beispiel ein Bootrennen mit selbstgebauten Schiffen auf dem Rinnsal der durch die Stadt fließt. Weiterhin kann man um 15.00 Uhr einer Rede des Uni-Rektors lauschen und danach seine Mütze in die Luft werfen. Oder gleich in eine der Nationen Uppsalas gehen und Mädels mit Schaumwein nassspritzen. Aber ohne etwas vorweg nehmen zu wollen, die Hauptidee des Tages ist eigentlich sich mächtig einen reinzustellen ohne dafür auf den Abend warten zu müssen.

Ihr könnt euch vorstellen, dass mir diese Idee von Grunde auf gut gefiel.

Das erste Bier wurde um 9.30 Uhr gezischt, was meinen Pegel des Vorabends gleich wieder zurückholte. Damit war ich für schwedische Verhältnisse ziemlich spät und wurde durch meine Mitbewohner ausgelacht, das Bootrennen verpasst zu haben. Aber das war eigentlich vollkommen in Ordnung, weil ich mich ohnehin lieber im Park zulaufen lassen wollte. Das tat ich dann auch engagiert. Um Eins sah der Park bereits wie die Fusion aus, nur dass die Leute voller waren. Wie es sich für Schweden gehört, war die ganze Veranstaltung trotz des schändlichen öffentlichen Alkoholgenusses hochgradig institutionalisiert, man beschäftigte sogar Heere von Mülllsammlern, die den sich kaum mehr atrikulieren könnenden Blondches die eben geleerte Bierdose aus der Hand nahmen.
Das Wetter war leider auch typisch schwedisch, es gab immer mal wieder kürzere Regengüsse, aber auch Sonnenschein. Mein Sonnenschein war vor allem der allgemeinen Jahrmarktsatmosphäre geschuldet, die mich kommunikativ zu beachtlichen Leistungen hinriss. Gegen Nachmittags speiten bereits die ersten Spanier unserer Gruppe, der Rest ließ sich aber nicht vom weiteren Spaß abhalten. Richtung Abenddämmerung lassen sich einzelne Ereignisse nicht mehr vollkommen zweifelsfrei voneinander trennen. Nach einer spontanen Korridorparty im Studentendorf begaben wir uns auf eine weitere Outdoor-Party, wo ich mir eine Europallete unter den Nagel riss, deren Muskelkater ich noch heute in den Armen spüre. Als mir ein älterer Schwede vorwerfen wollte, ich hätte sie gestohlen, erwiderte ich, dass ich sie im Palletenladen um die Ecke für 40 Kronen erworben hätte. Das Ding wurde für eine Bekannte zum Überraschungsgeschenk, das sie dankbar als Bühne im Flur annahm, wo eine weitere spontane Party stieg. Ich weiß nicht mehr genau, was geschehen war, doch plötzlich war ich mit einer Gruppe Mädels alleine im Raum.
Zeit, um mit der heißen Norwegerin Hoppe Reiter zu spielen. Danach wurde eine Partymeute zusammengestellt, um, es war mittlerweile ca. 15 Stunden nach dem ersten Bier, sich in einem Club restlos die Kante zu geben. Ob ich zu diesem Zeitpunkt bereits meinen Rucksack verloren hatte, wird wohl für immer im Dunkel der Nacht bleiben.
Der Türsteher riet mir, dringend mit dem Trinken aufzuhören, verwehrte uns aber zum Glück nicht den Eintritt. Ein solcher Rat musste natürlich gleich ignoriert werden. Unser Tanzen kann eigentlich gar nicht mehr besonders Tanzen gewesen sein, wir versuchten es trotzdem. Als der Club schloss, entließ man uns in den Sonnenaufgang. Beste Gelegenheit, um an der einen Deutschen unserer verbliebenen Gruppe ein wenig rumzuschrauben. Gesagt, getan.
Wie angedeutet, die nächsten Tage wünscht man nicht mal seinen ärgsten Feinden. Trotz aller Verluste resümierte ich selbstzufrieden: Non, je ne regrette rien.