Donnerstag, 13. April 2017

Spasten, die fasten

Dem Protestanten, Atheisten oder Heiden mag es entgangen sein, aber jedes Jahr Ende des Winters bzw. zum Frühjahr ist traditionell Fastenzeit. Nach strenger katholischer, übrigens ähnlich nach orthodoxer, Auffassung bedeutet dies den totalen Verzicht auf feste Nahrung für 40 Tage, sofern man nicht schwanger, krank, alt oder Kind ist. Aber mittlerweile sieht das nicht mal mehr der Papst so. Ein Verzicht auf eine Annehmlichkeit des täglichen Lebens reicht vollkommen aus. Die Ersparnis ist entsprechend mildtätig zu spenden.

 

Ähnlich wie die Frage, was zu fasten ist, ist auch nicht genaustens festgelegt, wann und wie lange exakt gefastet werden muss. Traditionell ist der Beginn der Fastenzeit Aschermittwoch, der Tag nach Rosenmontag und Faschingsdienstag, also der harte Katertag nach dem Karneval. Das Ende freilich ist Ostersonntag. Wer die Tage dazwischen genau zählt, kommt allerdings auf mehr als 40 Tage. Deshalb werden die Sonntage als kleine Ostersonntage sozusagen meist von der Regelung ausgenommen. Jedenfalls eine Möglichkeit zu fasten. Die meisten ziehen trotzdem einfach durch.

 

Wer mich kennt, weiß, dass ich die Fastenzeit zumindest in Teilbereichen immer schon ein bisschen ernst genommen habe. Es klingt komisch, aber Verzicht kann etwas sehr Schönes sein. Wer hat nicht schon einmal das Steak bis zum Ende auf dem Teller liegen lassen, um sich das Beste zum Schluss aufzuheben? Wer jedes Wochenende feiern geht (Wahrlich, wer sollte denn soetwas tun?), wird es kaum mehr zu schätzen wissen. Verzicht erhöht den Wert von Dingen. Hinzukommt, dass Selbstdisziplin auch ein gutes Gefühl ist, der Triumph des Willens über die schwachen eigenen Gelüste gewissermaßen. Auch Bewunderung kann man damit beizeiten ernten. Zuletzt freilich die positiven Wirkungen für Geldbeutel und Körper, sofern man auf etwas Ungesundes verzichtet. Das tun schließlich die meisten – zwei Fliegen mit einer Klappe.

 

Selber habe ich schon die meisten Dinge gefastet, die sinnvoll und einigermaßen integrierbar in den Alltag sind. Süßigkeiten, Knabbergebäck, Alkohol, Fleisch. Ja, ihr habt richtig gelesen, auch Alkohol. Da habe ich seinerzeit allerdings auf diese Sonntags-Regelung zurückgegriffen. Innerhalb der Zeit von Aschermittwoch bis Ostersonntag durfte ich also sechs Sonntage frei verteilen, an denen ich ausnahmsweise trinken durfte. Frei verteilen, da ich Sonntage meist gar nicht das Bedürfnis habe, Alkoholisches zu mir zu nehmen. Auch, wenn ich am Ende nur vier der sechs genutzt habe, an die Folgen dürftet ihr euch erinnern: Ab dem Aufstehen wurde gepichelt, bis schließlich, 30 Stunden später in meinem Kopf die Lichter ausgingen. Im Übrigen fiel mir diese Art des Fastens nicht mal besonders schwer.

Süßes faste ich eigentlich jedes Jahr, die von mir geliebten Kartoffelchips ebenfalls. Doch dieses Jahr musste eine Verschärfung her. Alkohol schied von vorne herein aus, das ist mir zu asozial. Deshalb probierte ich dieses Mal, zwei Mahlzeiten pro Tag ohne Kohlenhydratsättigungsbeilage aus, zusätzlich zum Verzicht auf alles Süße (außer Obst). Das Brot, die Kartoffeln, die Nudeln, es war schon schwerer, darauf zumeist Mittags und Abends zu verzichten. Erhöhte aber den Konsum an Käse, Nüssen und Trockenfleisch und Äpfeln beträchtlich.

Zur Karwoche habe ich das dann nocheinmal weiter verschärft. Gar keine Sättigungsbeilagen mehr (besonders hart beim Frühstück), kein Fleisch (überraschend wo das überall drin), Alkohol (schade, wo es überall nicht drin ist), Koffein (keine Nummer).

 

Heute ist Gründonnerstag. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, welche Anziehungskraft Bäckereien und ihr typischer Duft verursachen können. Wieviel Lust man mal wieder auf ein paniertes Stück Fleisch mit Salzkartoffeln hat. Dass Streuselschnecken zu sprechen vermögen oder vielmehr rufen tun: „Accelsio, komm herbei, nimm mich in den Mund“! Selbst eine Limonade hat mittlerweile die Attraktivität einer jungen Frau erhalten. Jaja, die süßen Früchte….

 

Noch drei Tage, dann ist Ostern. Nicht nur mein Geschmack wird wiederauferstehen.