Donnerstag, 1. August 2013

Mittwochsdrill

Hatte ich bei dem letzten Eintrag zunächst noch die Sorge, der Artikel würde sich um unseren allgemeinen körperlichen Verfall, die sportliche Unfitness geschlechtsreifer Großstädter zu Paarungszeit oder das verfluchte Älterwerden drehen, wurde schnell klar, dass der Autor nicht weniger im Sinn hatte, als eine generelle längst überfällige Lobpreisung der Verfasser dieses großartigen Blogs anzustimmen. Das gelang ihm wie immer äußerst feinsinnig. Denn langsam kann man die allerorten hörbaren Sätze unter Endzwanzigern wie "Ich bin zu alt für den Scheiß" oder "Man ist ja keine Zwanzig mehr" einfach nicht mehr hören. Nicht nur, dass sie einfach unwahr sind, selbst objektive Beabachter werden zugegeben, dass die Performance des Drogenkünstlers Eckbert I und seiner Schergen wie jA-man usw. nicht nur auf dem Fusion Festival, wo die weiter unten kommentierten Bilder entstanden, jedes Jahr extremer wird. Auch bei anderen Gelegenheiten zeigen die BenBlogger, dass sie noch nicht zum alten Eisen gehören und man auf alten Schiffen mehr als nur Segeln lernen kann.
Eins ist jedoch auch Jungspunten schnell klar: Ein gestählter Körper wird niemandem geschenkt, nicht einmal dem Sechzehnjährigen, besonders wenn Frittiertem zugetan. Das Schönheitsideal der Wampe wurde an dieser Stelle zwar schon kontrovers diskutiert, doch einmal annehmend, dass vor allem in der Überzahl befindliche ignorante Zeitgenossen ihm noch nicht verfallen sind, ging ich einmal davon aus, einen Paulanerspoiler fürs erste eher loswerden zu wollen sei der vielversprechendere Weg. Auf Empfehlung des Co-Autors ZuBu stimmte ich also zu, probeweise an einem solchen Ringelpiez teilzunehmen, bei der die Wampen-Heiden die Adonis-Götzen anbeten und die Sportgötter milde stimmen, in dem sie zwei Stunden lang alle mögichen widersinnigen Posen einnehmen und das Geschenk ihres Körpers unnötig mit Anstrengung belasten.
Der erste Termin dieser ketzerischen Veranstaltung begann am Mittwoch vor einer Woche gegen Neun Uhr in einem von mir stets gemiedenen Gebäuden der Berliner Innenstadt: Der TU. Zu meiner Überraschung schienen auch ein ganz paar durchaus ansehnliche Damen gewillt, ihren Körper mit Sport zu matern. Zunächst machte man sich mit zwanzig Minuten Joggen durch den Tiergarten "warm", wobei angesichts des Tempos hinterher nicht nur mein Gemüt warm war, sondern auch der Gedanke, doch gleichmal einen nahliegenden Biergarten aufzusuchen. Doch so schnell wollte ich nicht in alten Muster zurückfallen. Mit Liegestütz und Sit-Up-Varianten, die ich bisher eher aus dem Bereich der Pornographie zu kennen glaubte, war auch der Oberkörper schnell in einem Stadium angekommen, das förmlich "Aufhören!" brüllte. Einen besonderen Leckerbissen hatte mein Mitleidender Pfiffy mir schon zuvor angekündigt: Treppenrennen, wobei der fünfte Stock im TU-Hauptgebäude durch seine doppelte Deckenhöhe kein besonderes Ausruhen versprach. Kombiniert mir Liegenstützen und der permanten Aufforderung des Trainers, sich nicht so anzustellen, hätte aus unseren T-Shirts bald konzentrierte Sole gewonnen werden können. Übrigens war auch das Dehnen, sonst eher schmückendes Beiwerk zur Verletzungsprophylaxe, von einer Intensität, die den meisten Zeitgenossen durchaus zum ertüchtigenden Wochenprogramm gereicht hätte.
Einziger Lichtblick: Es gibt immer Leute, die sogar noch unfitter als du selber sind. Klar, die Fatties, endlich zur Überzeugung gelangt, dass Pommes-Schranke zwar gut schmeckt, aber eben nicht gut tut, waren die ersten, die bei mir einen Anflug von Überlegenheit entstehen ließen. Nur gab es, besonders beim nächsten Termin am vergangenen Mittwoch, kaum Zeit darüber nachzudenken, weil zehn Minuten mit erhobenen Armen zu Laufen bald nur noch wehtat. Es war irgendwie witzig: Zwei Stunden wünschte man sich nur, dass es aufhöre und versicherte sich selber, man sei einfach nicht der Typ für Folter dieser Art, kaum aber war das ganze vorbei und der Flüssigkeitshaushalt mit zwei Litern Wasser insgesamt wieder aufgefüllt, fasste man den Plan nächste Woche wiederzukommen. Soll das etwa ein erstes Zeichen von Altersreife sein?