Samstag, 19. September 2015

Einmal hatte die CSU Recht

Dass ich einmal sagen würde, ein CSU-Politiker könnte Recht haben, fällt mir doch ziemlich schwer, zuviele verbale Ausfälle haben sich die Freunde aus dem schönen Süden des Reiches bislang geleistet. Egal ob die "Herdprämie", die Ausländermaut, die aktuelle Asyldebatte oder den sehr zweifelhaften Beitrag zur Energiewende - die CSU punktete stets mit recht einfältigen, kontraproduktiven Vorschlägen, die vor allem Bayern, aber kaum dem Rest des Landes nützten.

Pünktlich zum Oktoberfest rückt nun das 'diebische Bergvolk am Fuße der Alpen' wieder in den Fokus. Die Tradition will, dass an solcherlei Institutionen möglichst wenig geändert wird, hier auch einmal zum Glück, schließlich lebt das größte Volksfest der Welt ja vor allem von jener Tradition. So ganz kann die Politik dennoch nicht die Finger lassen davon, schließlich kann man sich auf diese Weise als volksnah und mit dem Herz am richtigen Fleck in Szene setzen. So trinkt CSU-Elite hier jedes Jahr ihre obligatorische Maß Bier und hofft auf ein Paar Pluspunkte beim bayerischen Wahlvolk. Besonders Mutige machen dann auch mal den Schnabel auf und bemerken ein paar Worte zum lustigen Treiben bei Bier, Brez'n und Blasmusi. Was auch schonmal daneben ging. Ach, da war doch mal so eine Äußerung zu Drink'n'Drive.....

Richtig, Günther Beckstein, a.d. 2008. Der sagte damals, dass man nach zwei Maß noch Autofahren könne. Mehr jedenfalls habe ich der Medienentrüstung seinerzeit nicht entnommen. Der Sturm fegte heftig über ihn hinweg, er knickte ein und setze sich seitdem laut Wikipedia für "vollständige Abstinenz beim Autofahren ein".

Ben's Blog hat einmal nachrecherchiert. Zum einen wurde in alter Medien-Manier Becksteins Aussage natürlich aus dem Zusammenhang gerissen, wie das auch schon im o.a. Wikipedia-Artikel angedeutet wird. In Wirklichkeit soll er laut Spiegel-Online (2008) gesagt haben: "Wenn man die zwei Maß in sechs, sieben Stunden auf dem Oktoberfest trinkt, ist es noch möglich", wobei er eingeschränkt haben soll, dass das nicht für zwei Maß in zwei Stunden gelte.

Zum anderen hat sich nicht einmal der Spiegel getraut, wirklich nachzurechnen. Denn die Wahrheit könnte unbequem ausfallen und den Antialki-Spaßbremsen den Wind aus den Segeln nehmen.

Ein Liter Märzen, das ist Oktoberfestbier, hat zwischen 5,8 und 6,4 Volumen-Prozent Ethanol. Das macht also bei zwei Litern Bier maximal 128ml Reinalkohol. Das ist großzügig gerechnet, wir wissen, dass die Seidel im Zweifel lieber mal etwas mehr Schaum enthalten und manch ein Bier im Zelt auch nicht immer gleich 6,4 Umdrehungen hat. Aber gut, sei's drum.
128ml entsprechen bei einer Dichte von 0,7893 g·cm−3 (20 °C) daher 101,03g reinem Alkohol (Beachte: 1cm³=1ml). Nach der Widmark-Formel ergibt sich daraus eine maximal mögliche Blutalkoholkonzentration bei einem Mann von 80kg wie Herrn Beckstein von
 BAK(Promille) = 101,03g / (80kg x 0,7) = 1,80 Promille. 
Ordentlich. Laut Wikipedia sind allerdings noch 10 bis 30 Prozent abzuziehen, da nicht aller Alkohol aufgenommen wird. Ich füge hinzu, dass es sich um die maximal mögliche Konzentration handelt, also bei einem Sturztrunk ohne Speisebegleitung. Wie Herr Beckstein sein Bier allerdings einzunehmen pflegt, ist nicht überliefert. Gehen wir nun aber mal davon aus, dass der Beckstein weder ein Extrinker noch ein kulinarischer Kostverächter ist und ziehen wir ihm den Mittelwert von 20% von der BAK ab:
1,80 x 0,8 = 1,44 Promille BAK(max). 
Nun kommt noch der Faktor Zeit ins Spiel. Stündlich werden zwischen 0,1 und 0,2 Promille abgebaut. Das macht bei "sechs, sieben Stunden", immer mit den Mittelwerten gerechnet, also:
6,5h x 0,15 Promille = 0,98 Promille. 
Ziehen wir diese von Herrn Becksteins maximaler BAK ab erhalten wir das Ergebnis:
BAK(Beckstein) = 1,44 - 0,98 = 0,47 Promille
0,47 Promille < 0,5 Promille q.e.d. 
Voila! Herr Beckstein hätte folglich selbst bei teilweise konservativen Annahmen nach sechseinhalb Stunden höchstwahrscheinlich wieder fahren dürfen, erst recht wohl als erfahrener Bayer, der sich bei einer solchen BAK nichts anmerken lässt.

Ja, aber das will natürlich niemand hören, darum ist es wohl nie öffentlich thematisiert worden. Günther Beckstein hatte Recht! Meine Mahnung also an dieser Stelle, wenn es um Alkohol geht: Erstens erstmal informieren, bevor man einen Riesentamtam macht und zweitens: Verliert niemals den Alkoholabbau aus dem Auge! Schon nach kurzer Zeit ist der schönste Trunk im Blut wieder Geschichte!



P.S.
Ob ZuBu allerdings im September des Jahres 2005 auf dem Rückweg von der Wies'n nach Preußen dies wie Beckstein gedurft hätte, möchten wir allerdings weitergehenden Analysen anheim stellen.