Mittwoch, 19. Juli 2017

Kampf mit dem Dampf



Ihr kennt mittlerweile meinen ausgeprägten Hang zu Selbstversuchen. Gebt zu, er belustigt und unterhält euch bestimmt ein wenig. Anlässlich eines Abends, an dem ich, zu gutem Essen und guter Gesellschaft gerne etwas trinken wollte, mich allerdings -zweiter Abend des Wochenendes- rauschmitteltechnisch deutlich zurückhalten wollte und lieber eher gar nichts getrunken hätte, kam mir daher wieder mal eine alte Idee in den Sinn. 
 
Seinerzeit hatte ich mit viel Mitleid das Schicksal eines Freundes verfolgt, der, dem Weingeiste mehr als nur zugetan, aufgrund einer chronischen Darmerkrankung wenig bis gar nichts mehr trinken darf. Ich schlug ihm damals vor, dass es doch eine Reihe von Möglichkeiten gebe, Alkohol zu sich zu nehmen, ohne den Verdauungstrakt in Mitleidenschaft zu ziehen: Die Inhalation von Alkohol (Aufnahme über die Lunge), die Resorption über die Mundschleimhaut (Gurgeln von alkoholischen Lösungen) oder die intravenöse Zufuhr (also das Spritzen). Letztere scheidet selbst für engagierte Trinker wie mich aus, aber die anderen beiden Varianten finde ich höchst interessant. Mein Freund testete sie meines Wissens aber nie.

Jedenfalls schien mir der besagte Abend ein idealer Moment in vertrauter Umgebung, dieses Experiment einmal zu wagen. Ich lieh mir einen Inhalator, wie er bei Erkältungen üblicherweise zum Einsatz kommt und zweckentfremdete ihn zu allgemeiner Belustigung. Nicht einmal die Tatsache, dass auch gleich Vertreter der Eltern- sowie der Kindergeneration anwesend waren, wollten meinen wissenschaftlichen Eifer bremsen.

Ein Inhalator mit Anwendungsbeispiel
Die akuten Ergebnisse am Abend (Zustand zuvor: Zwar verkatert, allerdings keine orale Alkoholzufuhr seit mehr als 15 Stunden) machten Mut: Neben der allgemeinen Erheiterung ob der unüblichen Konsumform, empfand ich nach dem Ziehen eines kalten 40%-Schnapsdampfes durch Nase oder Mund immer schnell einen leichten Schwipps, der allerdings kaum zu verstärken war. Der Konsum selbst war zwar nicht abstoßend, aber zugleich auch leider nicht schmackhaft. Das Einatmen musste eher vorsichtig vorgenommen werden, um kein Husten zu provozieren. Ein angewärmter Schnaps war umso intensiver, besonders mit 75%-igen Rum, der allerdings in Hinblick auf das Aroma gewöhnungsbedürftig war. Im Verlauf des Abends waren einige knastöse Zigaretten dennoch eine willkommene Abwechslung, auch wenn diese dem wissenschaftlichen Anspruch des Versuches nicht förderlich waren.

Die langfristigen Ergebnisse: Am nächsten Tag waren katerähnliche Symptome dennoch zu spüren. Ob dies die späten Nachwirkungen der Freitagnacht waren, mein allgemeines Sonntagssyndrom, die Woche zu fürchten, eine schlechte Tagesform, die Sportzigaratten oder tatsächlich Rückstände der Inhalationssession waren, ist freilich nicht zu sagen. Die Verdauung, der Magen allerdings waren überhaupt nicht angegriffen. Ebenso meldeten Lunge und Schleimhäute keinerlei Einschränkungen, was bei üblichen Samstagssausen sonst oft nicht behauptet werden durfte.

Insgesamt betrachte ich das Experiment als sehr gelungen, alleine schon des Schock- und Spaßfaktors wegen. Alkohol schmeckt allerdings auch, dieser Teil hat mir allgemein gefehlt und wird mich daran hindern, zum echten Schnüffler zu werden. Auch sind Inhalatoren sehr auffällig und unhandlich auf Stehempfängen. Dennoch könnte es sein, dass ich dieses Experiment irgendwann nocheinmal wiederhole und unter noch strengeren Bedingungen teste.
Was man nicht alles für Forschung und Wissenschaft tut.