Liebe Freunde,
es mag komisch klingen, aber ich entwickle mich immer mehr zum Feministen. Nun, mein Lieblingsthema als politischer Aktivist ist wohl noch immer der Kampf für die Liberalisierung von Suchtmitteln und gegen die Diskriminierung von Alkohol am Arbeitsplatz, der Öffentlichkeit und im ÖPNV. Der konsequente Wiederaufbau einer alten Berliner Stadtmitte. Nicht zu vergessen die politische Zukunft Südtirols...
Aber mal im Ernst, wer bliebe ruhig, hörte er die Sprüche eines seit heute designierten amerikanischen Präsidenten oder anderer Männer, die meinten, sie könnten sich wie Axt im Walde benehmen (Merke: Nicht wie der Axel im Walde!). So, wie es dessen politische Konkurrenten auch sagten: Derlei ist eine Beleidigung für alle anständigen Männer. So wie es eine Beleidigung für jeden Flüchtling ist, stellt man sie unter Generalverdacht, was z.B. Extremismus oder Sozialbetrug betrifft. Schwarze Schafe gibt es überall, doch fallen schon einige wenige in einer Gruppe von hellen Schafen ausgesprochen auf.
Ein wenig relativieren muss man natürlich schon. Wenn sich Herren, vielleicht auch unter dem Einfluss berauschender Mittel, vielleicht auch mal in Momenten leichter Wut bzw. Erregung, unter sich wähnen, ist der Tonfall freilich ein anderer als vor der Kamera eines Fernsehstudios (An dieser Stelle kommt dann immer der Spruch: "Ist bei euch Frauen ja auch nicht anders"). Trotzdem werden die wenigsten von euch derlei Umkleidekabinengespräche geführt haben. Die Wortwahl könnte ich mir jedenfalls nur beim Dirty Talk vorstellen, womit ich meines Erachtes für den Großteil der Männer spreche.
Dennoch wird manch einer von uns schon auch beobachtet haben: Gutaussehende, reiche, berühmte Männer oder solche, die viele dieser Eigenschaften von sich vereinen, können sich eine ganze Menge herausnehmen. Ich habe Jungs erlebt, die in Tanzlokalen die Mädchen an die Brüste fassen und sich jene dann dafür auch noch mit einer gemeinsamen Nacht bedanken. Selbst ein Monat im Liebesleben der Sportfreunde Stiller dürfte weitaus spannender als meines in den letzten zehn Jahren. Und wenn Ribhery, Robaldinho oder Ronald Mc Donald eine 20jährige mit nach Hause nehmen wollen, dann garantiere ich euch, dass sie dafür nicht mal fünf Stunden brauchen, ohne Kreditkarte. Keine Frage: Die archaische Vorgrammierung von Frauen, sich Sträke, Vermögen, Schutz bei Männern zu suchen ist, alle Emanzipation hin oder her, nach wie vor sehr ausgeprägt; so wie bei Männern die Suche nach Jugend und Schönheit, also evolutionär die Suche nach Fruchtbarkeit.
Anders gesagt: Männer wie Trump können aus einem nicht gerade kleinen Pool an Frauen wählen, selbst wenn sie selbst äußerlich nicht mehr die schönsten und jüngsten sind. Das empörende ist dabei nicht nur, dass sie damit vulgär prahlen, dies zu können, sondern dass sie auch noch nach all denen langen, die außerhalb ihrer Reichweite liegen, gegen deren Willen. Das ist in der Tat erniedrigend. Weil es nach einer Welt klingt, in der jede Frau "käuflich ist und nichts anderes als Wahre" (Dr. Simon Michaelis alias Rhymin' Simon). Da waren wir fast schonmal weiter.
Ich fühle mich deshalb seit neusten als Feminist, weil mir immer wieder auffällt, dass es soviele Breiche gibt, in denen hier einfach noch Missverhältnisse herrschen. Nicht, dass nicht unglaublich viel schon erreicht worden wäre. Und wenn viele Mädchen eben lieber Kindergärtnerinnen als Programmierinnen werden, dann dürfen sie sich eben nicht wundern, wenn sie später wenig verdienen. Man müsste hier wohl eher Fragen, woher die Präferenz kommt. Doch, zurück zum Thema, insgesamt bin ich der Meinung, dass es zuviele Bereiche der Ungleichheit noch gibt. Wie es jetzt im amerikanischen Wahlkampf gesagt wurde: An seinen Mädchen und Frauen erkennt eine Gesellschaft, wie erfolgreich sie ist. Geht es den Frauen gut, geht es auch den Männern gut.
Ein paar Beispiele:
Nachtbus, Dienstags, 1:00 Uhr. Wieviele Männer sitzen im Bus, wieviele Frauen? Und warum sind nur so wenige Frauen da? Etwa weil zur gleichen Zeit im Fernsehen GNTM läuft?
Ein Deutscher Mittelständler. 400 Mitarbeiter, 80% der Belegschaft männlich. Wieviele der Sekretärinnen sind männlich? Vom Geschlecht der Unternehmenslenkung will ich gar nicht erst sprechen.
Accelsios Billardabende. Nur heiße Ladies und Alkohol in Strömen Etwa weil ich so toll stoßen kann? Ok, Mr. Trump, sie dürfen jetzt wieder gehen.
Um zu verstehen, wie es zwischen Männern und Frauen im Großen und Ganzen steht, stelle ich mir manchmal die Rollen getauscht vor. Dass mir im Club in den Schritt gegriffen wird. Entweder es schüttelt mich dann, weil ich denke, wie entwürdigend das ist (hilfreich dabei, sich alleine zu denken, umringt von einer Gruppe betrunkener alter Engländerinnen, die alle zupacken, lachen und einen nicht rauslassen) oder ich mir eine süße Blonde mit viel Holz vor dem Schloss vorstelle, die mich dann in eine Ecke drängt, mit Küssen überschüttet und ich Armer dann zur Höchstform auflaufen muss - ehe ich merke, dass das offensichtlich eine Fantasie ist, die so eben nie passiert, sondern wenn überhaupt mit dem ersten Fall zu rechnen ist. Wo es dann zu Kölner Silvesternächten eben auch nicht mehr weit ist. Das macht mir klar, dass die Lebenswirklichkeit als Frau (vor allem als junge Frau) trotz aller Gleichberechtigung noch immer eine ganz andere ist als meine. Es macht mich wütend, auf alle Männer, die sich danebenbenehmen, was dazu führt, dass Mädels seltener in Clubs gehen, weil es unangenehm werden kann, was dann schließlich die Heilige Dreifaltigkeit ausbaden muss. Es macht ZuBu traurig, wenn "Männer nicht herangelassen werden" (Originalzitat, bezeugt), weil die Mädels meinen, es zieme sich (noch) nicht, richtig loszulegen. Es macht uns alle betroffen, wenn Frauen in der Wirtschaft ausgebremst oder auf ihr Aussehen reduziert werden, obwohl sie noch viel mehr auf dem Kasten haben und damit unser Gesellschaft viel Potential entgeht. Und es in allen Konferenzen netter gemischt ist. Sei es auch nur fürs Auge....
Was die Ergebnisse der amerikanischen Präsidentenwahl auf die Gleichstellung von Frau und Mann im Westen für Auswirkungen haben wird, werden wir sehen. De jure wird sich wohl nicht viel ändern, muss es ja auch nur noch auf wenigen Gebieten, hier ist der Westen ja schon weit. De facto rechne ich zumindest nicht mit Fortschritten, leider. Dass der Macho mit einem blonden Püppchen an seiner Seite gewinnen musste, sagt viel über die tatsächlich gelebten oder erträumten Rollenbilder einer Mehrheit der Menschen aus. Ein Positives hat es: Zumindest kann sich Deutschland weiterhin feiern, die mächtigste Frau der Welt an seiner Spitze zu haben. Da freut sich Feminist Accelsio.